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Samstag, 14. April 2012
Was will ich meinen Kindern sagen?
manolo ramon, 20:53h
Wenn sie mich einmal fragen,
in kommenden Tagen?
„Papa, was hast du früher gemacht in
einer solchen Sommernacht?“
Ich überlege kurz und blicke sie an,
was ich ihnen wohl erzählen kann?
Da gibt’s so viel aus Berlin, Bielefeld
und Ecuador. Gespannt rücken sie vor.
Aus der Pfalz könnte ich viel erzählen.
Von meiner Liebe zu Menschen und Landschaft dort.
Nun sind wir schon lange fort.
Leben an einem weit entfernten Ort.
Dann sehe ich meiner Frau ins Genick,
und fühle diesen bezaubernden Augenblick:
Da saßen wir beide noch kinderlos,
auf Buntsandstein. Zwischen Heidelbeeren und Moos.
Unsere Blicke weilten in der Ferne.
Um uns herum nur Nacht.
Über uns die funkelnden Sterne.
Wir beide ganz leise, am Beginn einer Reise.
Einer Reise mit unabsehbarem Ende.
Ich griff ihre schmalen Hände.
„Schau Schatz, die Sterne!“
Ich spürte ihre vertraute Wärme.
Neben uns Baguette, Käse und Rotwein.
Wir waren jung, der Sommer frisch,
so sollte es immer sein.
„Ich liebe dich!“, und ich weiß, sie meinte mich.
In dieser Nacht war ich sehr auf mein Herz bedacht.
Und ich höre es heute noch leise sagen: „Willst du sie nicht endlich fragen!?“
Durch meine Art und Weise wählte sie mich, für unsere gemeinsame Lebensreise.
Diese Geschichte würde ich,
unseren Kindern erzählen, fragten sie mich.
Und ich beuge mich vor, neben dein Ohr. Ganz sanft küsse ich dich. Die Kinder lachen über solche Erwachsenensachen.
Nichts und Niemand hindert mich:
Ich liebe euch,
dich und
mich.
Manolo Ramon // 14. April 2012
in kommenden Tagen?
„Papa, was hast du früher gemacht in
einer solchen Sommernacht?“
Ich überlege kurz und blicke sie an,
was ich ihnen wohl erzählen kann?
Da gibt’s so viel aus Berlin, Bielefeld
und Ecuador. Gespannt rücken sie vor.
Aus der Pfalz könnte ich viel erzählen.
Von meiner Liebe zu Menschen und Landschaft dort.
Nun sind wir schon lange fort.
Leben an einem weit entfernten Ort.
Dann sehe ich meiner Frau ins Genick,
und fühle diesen bezaubernden Augenblick:
Da saßen wir beide noch kinderlos,
auf Buntsandstein. Zwischen Heidelbeeren und Moos.
Unsere Blicke weilten in der Ferne.
Um uns herum nur Nacht.
Über uns die funkelnden Sterne.
Wir beide ganz leise, am Beginn einer Reise.
Einer Reise mit unabsehbarem Ende.
Ich griff ihre schmalen Hände.
„Schau Schatz, die Sterne!“
Ich spürte ihre vertraute Wärme.
Neben uns Baguette, Käse und Rotwein.
Wir waren jung, der Sommer frisch,
so sollte es immer sein.
„Ich liebe dich!“, und ich weiß, sie meinte mich.
In dieser Nacht war ich sehr auf mein Herz bedacht.
Und ich höre es heute noch leise sagen: „Willst du sie nicht endlich fragen!?“
Durch meine Art und Weise wählte sie mich, für unsere gemeinsame Lebensreise.
Diese Geschichte würde ich,
unseren Kindern erzählen, fragten sie mich.
Und ich beuge mich vor, neben dein Ohr. Ganz sanft küsse ich dich. Die Kinder lachen über solche Erwachsenensachen.
Nichts und Niemand hindert mich:
Ich liebe euch,
dich und
mich.
Manolo Ramon // 14. April 2012
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Unser Bild
manolo ramon, 19:38h
Ich atme mit einem tiefen Seufzer ein, mein rechter Arm fällt ins Leere. Wie oft haben wir zusammen auf den alten Dielen gestanden, die auch jetzt noch knarren wenn ich durchs Zimmer laufe?
A-ha singen immer noch, so als wäre nichts gewesen. Reflexartig wollte ich meinem Arm um sie legen, aber sie ist nicht mehr da, wo sie immer stand. Draußen dämmert es bereits, mir läuft ein eisiger Schauer über den Rücken. Zwischen unser Bild und meine Augen legt sich ein salziger Nebel, der alles verschwimmen lässt.
Das Bild verliert seine Farben, Traurigkeit und Wut lassen es hässlich werden. Wie konnte ich es so sehr lieben, wie ich es heute verabscheue!?
Blanke Wut steigt mir in den Kopf, am liebsten würde ich den Rahmen von der Staffelei reißen, das Bild in tausend Fetzen auf dem Boden liegen sehen.
Sie wäre vielleicht entsetzt, käme sie jetzt zur Tür herein.
Die Zeit ist eingefroren, wie viel Uhr ist es wohl gerade? Was tut sie wohl gerade? Wo ist sie überhaupt? Wohin ist sie gegangen?
Schwere Tränen trocknen langsam auf meinem Gesicht und lassen die Haut jucken. Wir zwei haben immer an unserem Bild gemalt, haben nebeneinander gestanden. Oft, sehr oft, fast immer.
Die Pinsel verteilten die Farbe auf der Leinwand, ohne dass wir sprachen. Das Motiv unseres Gemäldes wechselte hin und wieder, aber war immer etwas, was uns beiden gehörte, nur uns zwei.
Manchmal malten sie oder ich auch alleine, wenn der andere nicht da war, aber immer wusste ich, dass nach der Rückkehr der andere weitermalen würde.
Schöne Harmonie, rein utopisch! – Natürlich haben wir uns auch oft gestritten, es hat Ärger gegeben. Das Auf und Ab, wie in jeder Beziehung. Jetzt wirkt das Bild halb fertig, viele Stellen sind noch weiß. Ich tunke den Pinsel in die Farbe, werfe ihn dann aber quer durch den Raum. Nach einem lauten >>Klack<< fällt er auf den Boden.
Ohne sie fühlt sich vieles schal an, wertlos. Selbst der heiße Kaffee ist kalt. Alles ist so umsonst und richtig unnötig.
Habe ich nicht gemerkt, dass sie seit längerem anders malte als sonst? Wo war sie in Gedanken? Wie unbefriedigend war ihr >>Ach nix!<< wenn ich sie fragte, an was sie gerade dachte.
Hatte ich nur mich selbst im Kopf, war ich weniger Aufmerksam?
Hätte ich es gemerkt, stände ich heute nicht vor diesem Scherbenhaufen oder doch? Wo ist das Gefühl der tiefen Verbundenheit hin, verschwunden im Mülleimer der Geschichte? Wie kann ein Mensch so gefühlskalt sein, indem er sein Herz auf >>off<< schaltet?
Der Super – GAU einer Beziehung ist eingetreten, vielleicht habe ich es manchmal geahnt, dass es so kommen könnte. Am Sankt-Nimmerleins-Tag, aber nicht heute. Nicht bei uns beiden!
Jetzt stehe ich hier in den Resten meiner heilen Welt, die versunken ist. Sie ist zusammengebrochen, explodiert, kaputt. Wie hat das kommen können? - Das haben wir nicht verdient.
Bin ich ein Fußabtreter, auf dem man beliebig herumtrampeln kann, in dem sich nichts zusammen ziehen kann, da er keine Gefühle hat, der leblos ist?
A-ha singen immer noch, obwohl ich den CD-Player ausgeschaltet habe. Musik füllt den Raum, singt von Liebe und vom Leben. Der Scheiß ist das Allerletzte, was ich gerade noch brauchen kann. Verdammt!
Das muss aufhören! – Ruhe.
Da liegt ihr Pullover auf dem Sofa, ihr Geruch hängt schwer im Zimmer. Da ist sie, in meinen Gedanken, sticht mit einem glühenden Dolch in mein Herz, so fühlt es sich an.
Wieder und wieder.
Ich wünsche ihr alles Unglück der Welt, alles Schlechte. Soll sie doch dahin gehen, wo der Pfeffer wächst, mit wem auch immer. Auf Nimmerwiedersehen! Ich brauche sie nicht!
Jetzt bin ich alleine.
Angst füllt mich, wie ein antiker Tonkrug mit Wein gefüllt wurde.
Irgendwann beim Grübeln zerspringt das Gefäß. Es zerplatzt in Millionen kleiner Scherben, die die Gesichter von uns tragen und von meinen Tränen nass geworden sind.
Dann liegt im Zimmer eine Schicht aus Leinwandfetzen und Tonstücken. Dann schweigen auch a-ha endlich und ihre Lieder verstummen. Kein Gitarrenzupfen mehr, kein Singsang mehr der Herzen zum Schwingen bringen kann, und Tränen zum Laufen.
Mein Herz ist verletzt, blutet, verdorrt und gefroren. Das ist das Schlimmste was einem Menschen passieren kann.
Was würde ich geben, dass sie jetzt wieder hier stehen würde? Jetzt sofort, gleich.
Wir würden reden, sie würde sich entschuldigen, tausendmal, für das was sie getan hat.
Ich würde sie in die Arme schließen, alles wäre wie immer. Wirklich!?
Ich würde ab dem Moment die Tür unbewusst einen Spalt offen lassen, nur damit ich sehen kann was sie gerade malt.
Es könnte sein, dass ich meinen Farben nicht mehr offen herumliegen ließe, die Pinsel kämen in den Schrank. Argwöhnisch würde ich sie beäugen, wahrscheinlich.
Es kann nie mehr so werden wie früher, obwohl ich es mir wünsche, ganz tief drinnen. Lieber einmal verzeihen? - Menschen sind doch nicht fehlerfrei, oder?
Wo ist die Grenze des Verzeihens, die Grenze dessen was ich verzeihen kann?
Grenzenlos!? – sicher nicht.
Warum hat sie das Motiv unseres Bildes geändert, ohne dass wir vorher darüber gesprochen haben? Hätten wir bloß vorher die Zielkoordinaten abgesprochen, so wie die Menschen, die auf dem Schiff über unser Bildmeer schippern. Jetzt fahren die auf diesen Berg, laufen Leck und gehen mit Mann und Maus unter. Alles nur, weil meine Freundin einer Laune gefolgt ist, malt die ein Alpenpanorama rein, wie dumm kann man sein? Wie konnte denn passieren, was nicht passieren darf? Es ist Real, aber es will nicht im Kopf ankommen.
Es ist unwirklich.
Bin ich ein Niemand? Was ist mit unserer gemeinsamen Zeit?
Ich starre auf das Bild, verhunzt ist es. Das ist reif für den Mülleimer.
Ich nehme es seufzend von der Staffelei, will es mit dem Knie in zwei Teile brechen, lehne es aber beim Hinausgehen an die Wand. Ich sehe nicht, wie sich langsam im Halbdunkel die Farbe auflöst, das Motiv verschwindet. In meinem Kopf singen leise noch a-ha. Ich wische mit dem Handrücken neu laufende Tränen weg und schniefe. Das Bild ist fort. Rahmen, Staffelei und Leinwand sind noch da. Ich bin noch da und ich weiß, dass ich wieder malen kann, irgendwann, wenn ich will. Vielleicht singen dann a-ha wieder und ein Geruch schwebt durch den Raum, der nach einer Frau riecht, nicht wie früher, sondern neu und anders vertraut.
Es riecht nach der Freundin, nach meiner Freundin, und ihrem Parfüm. Vielleicht riecht es nach frischer Farbe, vielleicht auch nicht. Ich atme, nehme einen tiefen Zug Luft. Kein Seufzen. Es kann sein, dass die Leinwand wieder auf der Staffelei steht. Auf jeden Fall knarren die alten Holzdielen beim Gehen, wie immer.
Manolo Ramon // 14. April 2012
A-ha singen immer noch, so als wäre nichts gewesen. Reflexartig wollte ich meinem Arm um sie legen, aber sie ist nicht mehr da, wo sie immer stand. Draußen dämmert es bereits, mir läuft ein eisiger Schauer über den Rücken. Zwischen unser Bild und meine Augen legt sich ein salziger Nebel, der alles verschwimmen lässt.
Das Bild verliert seine Farben, Traurigkeit und Wut lassen es hässlich werden. Wie konnte ich es so sehr lieben, wie ich es heute verabscheue!?
Blanke Wut steigt mir in den Kopf, am liebsten würde ich den Rahmen von der Staffelei reißen, das Bild in tausend Fetzen auf dem Boden liegen sehen.
Sie wäre vielleicht entsetzt, käme sie jetzt zur Tür herein.
Die Zeit ist eingefroren, wie viel Uhr ist es wohl gerade? Was tut sie wohl gerade? Wo ist sie überhaupt? Wohin ist sie gegangen?
Schwere Tränen trocknen langsam auf meinem Gesicht und lassen die Haut jucken. Wir zwei haben immer an unserem Bild gemalt, haben nebeneinander gestanden. Oft, sehr oft, fast immer.
Die Pinsel verteilten die Farbe auf der Leinwand, ohne dass wir sprachen. Das Motiv unseres Gemäldes wechselte hin und wieder, aber war immer etwas, was uns beiden gehörte, nur uns zwei.
Manchmal malten sie oder ich auch alleine, wenn der andere nicht da war, aber immer wusste ich, dass nach der Rückkehr der andere weitermalen würde.
Schöne Harmonie, rein utopisch! – Natürlich haben wir uns auch oft gestritten, es hat Ärger gegeben. Das Auf und Ab, wie in jeder Beziehung. Jetzt wirkt das Bild halb fertig, viele Stellen sind noch weiß. Ich tunke den Pinsel in die Farbe, werfe ihn dann aber quer durch den Raum. Nach einem lauten >>Klack<< fällt er auf den Boden.
Ohne sie fühlt sich vieles schal an, wertlos. Selbst der heiße Kaffee ist kalt. Alles ist so umsonst und richtig unnötig.
Habe ich nicht gemerkt, dass sie seit längerem anders malte als sonst? Wo war sie in Gedanken? Wie unbefriedigend war ihr >>Ach nix!<< wenn ich sie fragte, an was sie gerade dachte.
Hatte ich nur mich selbst im Kopf, war ich weniger Aufmerksam?
Hätte ich es gemerkt, stände ich heute nicht vor diesem Scherbenhaufen oder doch? Wo ist das Gefühl der tiefen Verbundenheit hin, verschwunden im Mülleimer der Geschichte? Wie kann ein Mensch so gefühlskalt sein, indem er sein Herz auf >>off<< schaltet?
Der Super – GAU einer Beziehung ist eingetreten, vielleicht habe ich es manchmal geahnt, dass es so kommen könnte. Am Sankt-Nimmerleins-Tag, aber nicht heute. Nicht bei uns beiden!
Jetzt stehe ich hier in den Resten meiner heilen Welt, die versunken ist. Sie ist zusammengebrochen, explodiert, kaputt. Wie hat das kommen können? - Das haben wir nicht verdient.
Bin ich ein Fußabtreter, auf dem man beliebig herumtrampeln kann, in dem sich nichts zusammen ziehen kann, da er keine Gefühle hat, der leblos ist?
A-ha singen immer noch, obwohl ich den CD-Player ausgeschaltet habe. Musik füllt den Raum, singt von Liebe und vom Leben. Der Scheiß ist das Allerletzte, was ich gerade noch brauchen kann. Verdammt!
Das muss aufhören! – Ruhe.
Da liegt ihr Pullover auf dem Sofa, ihr Geruch hängt schwer im Zimmer. Da ist sie, in meinen Gedanken, sticht mit einem glühenden Dolch in mein Herz, so fühlt es sich an.
Wieder und wieder.
Ich wünsche ihr alles Unglück der Welt, alles Schlechte. Soll sie doch dahin gehen, wo der Pfeffer wächst, mit wem auch immer. Auf Nimmerwiedersehen! Ich brauche sie nicht!
Jetzt bin ich alleine.
Angst füllt mich, wie ein antiker Tonkrug mit Wein gefüllt wurde.
Irgendwann beim Grübeln zerspringt das Gefäß. Es zerplatzt in Millionen kleiner Scherben, die die Gesichter von uns tragen und von meinen Tränen nass geworden sind.
Dann liegt im Zimmer eine Schicht aus Leinwandfetzen und Tonstücken. Dann schweigen auch a-ha endlich und ihre Lieder verstummen. Kein Gitarrenzupfen mehr, kein Singsang mehr der Herzen zum Schwingen bringen kann, und Tränen zum Laufen.
Mein Herz ist verletzt, blutet, verdorrt und gefroren. Das ist das Schlimmste was einem Menschen passieren kann.
Was würde ich geben, dass sie jetzt wieder hier stehen würde? Jetzt sofort, gleich.
Wir würden reden, sie würde sich entschuldigen, tausendmal, für das was sie getan hat.
Ich würde sie in die Arme schließen, alles wäre wie immer. Wirklich!?
Ich würde ab dem Moment die Tür unbewusst einen Spalt offen lassen, nur damit ich sehen kann was sie gerade malt.
Es könnte sein, dass ich meinen Farben nicht mehr offen herumliegen ließe, die Pinsel kämen in den Schrank. Argwöhnisch würde ich sie beäugen, wahrscheinlich.
Es kann nie mehr so werden wie früher, obwohl ich es mir wünsche, ganz tief drinnen. Lieber einmal verzeihen? - Menschen sind doch nicht fehlerfrei, oder?
Wo ist die Grenze des Verzeihens, die Grenze dessen was ich verzeihen kann?
Grenzenlos!? – sicher nicht.
Warum hat sie das Motiv unseres Bildes geändert, ohne dass wir vorher darüber gesprochen haben? Hätten wir bloß vorher die Zielkoordinaten abgesprochen, so wie die Menschen, die auf dem Schiff über unser Bildmeer schippern. Jetzt fahren die auf diesen Berg, laufen Leck und gehen mit Mann und Maus unter. Alles nur, weil meine Freundin einer Laune gefolgt ist, malt die ein Alpenpanorama rein, wie dumm kann man sein? Wie konnte denn passieren, was nicht passieren darf? Es ist Real, aber es will nicht im Kopf ankommen.
Es ist unwirklich.
Bin ich ein Niemand? Was ist mit unserer gemeinsamen Zeit?
Ich starre auf das Bild, verhunzt ist es. Das ist reif für den Mülleimer.
Ich nehme es seufzend von der Staffelei, will es mit dem Knie in zwei Teile brechen, lehne es aber beim Hinausgehen an die Wand. Ich sehe nicht, wie sich langsam im Halbdunkel die Farbe auflöst, das Motiv verschwindet. In meinem Kopf singen leise noch a-ha. Ich wische mit dem Handrücken neu laufende Tränen weg und schniefe. Das Bild ist fort. Rahmen, Staffelei und Leinwand sind noch da. Ich bin noch da und ich weiß, dass ich wieder malen kann, irgendwann, wenn ich will. Vielleicht singen dann a-ha wieder und ein Geruch schwebt durch den Raum, der nach einer Frau riecht, nicht wie früher, sondern neu und anders vertraut.
Es riecht nach der Freundin, nach meiner Freundin, und ihrem Parfüm. Vielleicht riecht es nach frischer Farbe, vielleicht auch nicht. Ich atme, nehme einen tiefen Zug Luft. Kein Seufzen. Es kann sein, dass die Leinwand wieder auf der Staffelei steht. Auf jeden Fall knarren die alten Holzdielen beim Gehen, wie immer.
Manolo Ramon // 14. April 2012
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Küstentreffen
manolo ramon, 16:09h
Mentos saß im Zug Richtung Norden. Hamburg hatte den Reisenden mit verhaltenem Sonnenschein verabschiedet. Eben noch erreichte er mit seinen schweren Trolly und der Lederreisetasche den Anschlusszug, gerade noch rechtzeitig. Die Anzahl der drängenden Menschen war stark geschrumpft. Der logischste Grund war wahrscheinlich, dass keiner an die Küste wollte, wenn es so schien, als wäre ein Teil der Nordsee an den Himmel gehängt worden und mache sich nun, tropfenförmig, wieder auf, um an ihren Ursprungsort zurück zu kehren. Tausende der heimwehkranken Tropfen fielen am Ziel vorbei und landeten auf nassen Schafen, die auf Wiesen draußen vor den Zugfenstern kauerten. Arme Schweine, diese durchweichten Wollknäule. Nachdem Mentos den Sportteil der Zeitung gelangweilt durchblättert hatte und den letzten Schluck des nun eiskalten Kaffees getrunken hatte, zog er den Brief vom Graf aus seinem Sakko.
Es war schon verwunderlich, dass er um diese Jahreszeit schrieb. Weihnachten konnte sich vor seinem großen Auftritt noch etwas ausruhen. Wie viele Wochen waren es noch? – mehr als sieben. Der Inhalt des Schreibens war knapp und eindringlich. Der Freund bat ihn an die Küste zu kommen. Dass der Graf den handgeschriebenen Brief einer E-Mail vorzog, und auch nicht den Weg eines Videotelefonates wählte, würde vielleicht Leandra verwundern. Es würde vielleicht. Mentos dachte es sich, wissen konnte es aber niemand.
Leandra wirbelte als bunter Schatten vorbei. „Schau mal, schau mal, ohne Stützräder!“
Ein Kind das auf seinen Schultern eingeschlafen war. Ein Mädchen das über das Ganze Gesicht strahlte, als sie Weihnachten zusammen saßen und feierten. Urlaube am Meer, mit Möwen.
„Darf ich dir beim Kochen helfen? – Natürlich, mein Spatz, das kannst du!“. Leandra als querdenkende Teenagerin, die seine Nerven wie Muskeln trainierte. Eine bezaubernde junge Frau mit femininen und willensstarken Zügen, ihre strahlenden Augen, in der Hand das Abiturzeugnis...
Mentos lächelte in sich hinein, ihn durchflutete ein warmes Rauschen, das Gefühl von tiefer Liebe, das durch seine Blutbahn schoss. Er hörte eine so vertraute Stimme aus der Ferne rufen und Lachen.
Die tragende Melodie der Vergangenheit, die langsam immer leiser wurde. Das war ihm schon in den vergangen Jahren voller Angst schmerzlich bewusst geworden.
Der Zug bremste unsanft und der 53-jährige wischte sich mit einer Hand salzige Tränen aus den Augen. Die nassen Spuren brannten auf seinen Wangen.
Mit tiefem Durchatmen konnte er die Enge um sein Herz vertreiben. Langsam fasste er sich wieder.
Eine ganz bestimmte Melagne aus Erinnerungen und Gefühlen versetzte ihn immer in diese melancholische Stimmung. Manchmal war es ihm unangenehm, gerade wenn andere dabei waren. Kriminalkommissare sind auch nur Menschen, beruhigte er sich. Das Handy signalisierte vier Anrufe in Abwesenheit. Mittlerweile war es Nachmittag geworden.
„In wenigen Minuten erreichen wir Husum – The next Stopp is Husum!“
„Schreibe ihr!“, das war vor mehr als dreißig Jahren gewesen. Mentos hatte auf den Rat seines Freundes gehört. Mit einem Brief hatte alles begonnen. Vielleicht aber schon in dem Moment als der Graf seine Kamera im Husumer Hafenwasser versenkt hatte. Eine Kettenreaktion deren Ausläufer bis zum heutigen Tag andauerten, und noch lange nicht enden sollten. Dieser Umstand entzog sich aber den Vorstellungen des Kommissars.
Damals, da waren sie noch zwei sich völlig Unbekannte, Studenten. Sie standen neben einander und beobachteten die Fischer, wie sie auf eine grobe Weise Krabbenkörbe entluden.
Der Graf war gestolpert, als er Luisa festhalten wollte, als sie an einem dicken Tau hängen blieb.
Er griff im Fall nach dem schmalen Mann, der dadurch seine Kamera verlor.
„Bist du bescheuert!?“, war er von Mentos angefahren worden. Ruhig und mit einem entschuldigenden Lächeln auf dem offenen Gesicht, hatte dieser entgegnet: „Nö, mein Name ist Hauke“. So hatten sie sich kennen gelernt. Die Umstehenden hatten den Wortabtausch gespannt verfolgt, vielleicht erhoffte sich der eine oder andere eine kleine Freiluft Keilerei im Hafen. Handgreiflichkeiten blieben aber aus.
Für Mentos wurde in jenen Tagen aus Hauke, der Graf, weil: wer an diesem Ort herumläuft und Hauke heißt, kann doch nur der Deichgraf sein, der nachts auf seinem Schimmel durch stormsche Landschaften jagt.
Der Strudel der Zeit hatte sie beide eng zusammengeschweißt. Ihre Lebensläufe begannen sich langsam zu verflechten, in diesem lange vergangenen Sommer.
Eine unbekannte Macht schien sie damals unter der wärmenden Sonne auf dem Kopfsteinpflaster der pittoresken Hafenstadt zusammengeführt zu haben:
Den Grafen, Luisa und Mentos. Leandra war damals noch nicht Teil seiner zärtlichsten Gedanken und Quelle seiner Freude. Die schöne Dunkelblonde mit den klaren, dunklen Augen ruhte noch lange in den Tiefen der Zeit, bevor ihr erster, kräftiger Schrei ihre Lungen entfalteten und mit Sauerstoff füllen sollte. Mentos sollte das reißende Gefühl des sehnenden Vermissens erst noch erfahren, das tiefe Furchen in sein Herz pflügen, und sein Hirn nachts nicht zur Ruhe kommen lassen sollte...
[Fortsetzung wird noch folgen]
Manolo Ramon // 14. April 2012
Es war schon verwunderlich, dass er um diese Jahreszeit schrieb. Weihnachten konnte sich vor seinem großen Auftritt noch etwas ausruhen. Wie viele Wochen waren es noch? – mehr als sieben. Der Inhalt des Schreibens war knapp und eindringlich. Der Freund bat ihn an die Küste zu kommen. Dass der Graf den handgeschriebenen Brief einer E-Mail vorzog, und auch nicht den Weg eines Videotelefonates wählte, würde vielleicht Leandra verwundern. Es würde vielleicht. Mentos dachte es sich, wissen konnte es aber niemand.
Leandra wirbelte als bunter Schatten vorbei. „Schau mal, schau mal, ohne Stützräder!“
Ein Kind das auf seinen Schultern eingeschlafen war. Ein Mädchen das über das Ganze Gesicht strahlte, als sie Weihnachten zusammen saßen und feierten. Urlaube am Meer, mit Möwen.
„Darf ich dir beim Kochen helfen? – Natürlich, mein Spatz, das kannst du!“. Leandra als querdenkende Teenagerin, die seine Nerven wie Muskeln trainierte. Eine bezaubernde junge Frau mit femininen und willensstarken Zügen, ihre strahlenden Augen, in der Hand das Abiturzeugnis...
Mentos lächelte in sich hinein, ihn durchflutete ein warmes Rauschen, das Gefühl von tiefer Liebe, das durch seine Blutbahn schoss. Er hörte eine so vertraute Stimme aus der Ferne rufen und Lachen.
Die tragende Melodie der Vergangenheit, die langsam immer leiser wurde. Das war ihm schon in den vergangen Jahren voller Angst schmerzlich bewusst geworden.
Der Zug bremste unsanft und der 53-jährige wischte sich mit einer Hand salzige Tränen aus den Augen. Die nassen Spuren brannten auf seinen Wangen.
Mit tiefem Durchatmen konnte er die Enge um sein Herz vertreiben. Langsam fasste er sich wieder.
Eine ganz bestimmte Melagne aus Erinnerungen und Gefühlen versetzte ihn immer in diese melancholische Stimmung. Manchmal war es ihm unangenehm, gerade wenn andere dabei waren. Kriminalkommissare sind auch nur Menschen, beruhigte er sich. Das Handy signalisierte vier Anrufe in Abwesenheit. Mittlerweile war es Nachmittag geworden.
„In wenigen Minuten erreichen wir Husum – The next Stopp is Husum!“
„Schreibe ihr!“, das war vor mehr als dreißig Jahren gewesen. Mentos hatte auf den Rat seines Freundes gehört. Mit einem Brief hatte alles begonnen. Vielleicht aber schon in dem Moment als der Graf seine Kamera im Husumer Hafenwasser versenkt hatte. Eine Kettenreaktion deren Ausläufer bis zum heutigen Tag andauerten, und noch lange nicht enden sollten. Dieser Umstand entzog sich aber den Vorstellungen des Kommissars.
Damals, da waren sie noch zwei sich völlig Unbekannte, Studenten. Sie standen neben einander und beobachteten die Fischer, wie sie auf eine grobe Weise Krabbenkörbe entluden.
Der Graf war gestolpert, als er Luisa festhalten wollte, als sie an einem dicken Tau hängen blieb.
Er griff im Fall nach dem schmalen Mann, der dadurch seine Kamera verlor.
„Bist du bescheuert!?“, war er von Mentos angefahren worden. Ruhig und mit einem entschuldigenden Lächeln auf dem offenen Gesicht, hatte dieser entgegnet: „Nö, mein Name ist Hauke“. So hatten sie sich kennen gelernt. Die Umstehenden hatten den Wortabtausch gespannt verfolgt, vielleicht erhoffte sich der eine oder andere eine kleine Freiluft Keilerei im Hafen. Handgreiflichkeiten blieben aber aus.
Für Mentos wurde in jenen Tagen aus Hauke, der Graf, weil: wer an diesem Ort herumläuft und Hauke heißt, kann doch nur der Deichgraf sein, der nachts auf seinem Schimmel durch stormsche Landschaften jagt.
Der Strudel der Zeit hatte sie beide eng zusammengeschweißt. Ihre Lebensläufe begannen sich langsam zu verflechten, in diesem lange vergangenen Sommer.
Eine unbekannte Macht schien sie damals unter der wärmenden Sonne auf dem Kopfsteinpflaster der pittoresken Hafenstadt zusammengeführt zu haben:
Den Grafen, Luisa und Mentos. Leandra war damals noch nicht Teil seiner zärtlichsten Gedanken und Quelle seiner Freude. Die schöne Dunkelblonde mit den klaren, dunklen Augen ruhte noch lange in den Tiefen der Zeit, bevor ihr erster, kräftiger Schrei ihre Lungen entfalteten und mit Sauerstoff füllen sollte. Mentos sollte das reißende Gefühl des sehnenden Vermissens erst noch erfahren, das tiefe Furchen in sein Herz pflügen, und sein Hirn nachts nicht zur Ruhe kommen lassen sollte...
[Fortsetzung wird noch folgen]
Manolo Ramon // 14. April 2012
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WENN FREUNDSCHAFT BEDEUTET:
manolo ramon, 15:48h
Auch alleine zu wissen, dass einer sich sehnt.
Die Melodie einer Stimme im Ohr zu tragen.
Im Gefühl zu haben, was ein Mensch mag und nicht mag.
Ein selbstständiger Teamplayer zu sein.
Die Stärken und Schwächen einer Person zu kennen.
Auf einer Augenhöhe zu sein.
Nebeneinander zu laufen, solange beide möchten.
Geteilte Zeit zu genießen.
Ehrlich zu sein.
Zu gleichen Teilen, zu nehmen und zu geben.
Einer Person nah zu sein.
Zeit, sekunden-, minuten- und stundenlos zu machen.
Worte nicht zu verdrehen, sondern Sätze weiter zu führen.
Bei Licht und im Schatten da zu sein.
Dass man sich selbst nicht vergisst.
Tränen zu bemerken und Lachen zu verstärken.
Dem anderen Schönes nicht vorzuenthalten.
Eigene Stärke und Mut zu verschenken.
Keine Maske zu tragen oder eine Rolle zu spielen.
Nicht zu >>müssen<<, sondern zu >>wollen<<
Offen über alles zu reden.
Sich selbst nicht zu ernst zu nehmen.
Sich für den anderen mitfreuen.
Gefühle wahrzunehmen.
Loyal zu sein und integer.
Den besonderen Rhythmus eines Lachens zu kennen.
Mehr positives, als negatives über einen Menschen schreiben zu können.
Beide Hände zu reichen.
Im Streit mit den gleichen Worten zu kämpfen.
Eigene Fehler einzugestehen und sich zu entschuldigen.
Manchmal aus Salz, Zucker zu machen, aber nie umgekehrt.
Einen Umweg in Kauf zu nehmen.
Gemeinsam zu kochen.
Genau sagen zu können, wo man den anderen in einer fremden Stadt findet.
Auch wortlosschweigend nebeneinander zu sitzen.
Höhen und Tiefen zu erleben.
Dass zwei verschiedene Hände, einen einzigen Stift führen, leere Zeilen füllend.
Eine gemeinsame Geschichte zu schreiben.
Wenn das alles Freundschaft bedeutet, dann wünsche ich mir, dass eine der
Hände meine eigene ist.
Und ich beginne zu schreiben:
Auch alleine zu wissen, dass einer sich sehnt.
Die Melodie einer Stimme …
Manolo Ramon // 21. Januar 2012
Die Melodie einer Stimme im Ohr zu tragen.
Im Gefühl zu haben, was ein Mensch mag und nicht mag.
Ein selbstständiger Teamplayer zu sein.
Die Stärken und Schwächen einer Person zu kennen.
Auf einer Augenhöhe zu sein.
Nebeneinander zu laufen, solange beide möchten.
Geteilte Zeit zu genießen.
Ehrlich zu sein.
Zu gleichen Teilen, zu nehmen und zu geben.
Einer Person nah zu sein.
Zeit, sekunden-, minuten- und stundenlos zu machen.
Worte nicht zu verdrehen, sondern Sätze weiter zu führen.
Bei Licht und im Schatten da zu sein.
Dass man sich selbst nicht vergisst.
Tränen zu bemerken und Lachen zu verstärken.
Dem anderen Schönes nicht vorzuenthalten.
Eigene Stärke und Mut zu verschenken.
Keine Maske zu tragen oder eine Rolle zu spielen.
Nicht zu >>müssen<<, sondern zu >>wollen<<
Offen über alles zu reden.
Sich selbst nicht zu ernst zu nehmen.
Sich für den anderen mitfreuen.
Gefühle wahrzunehmen.
Loyal zu sein und integer.
Den besonderen Rhythmus eines Lachens zu kennen.
Mehr positives, als negatives über einen Menschen schreiben zu können.
Beide Hände zu reichen.
Im Streit mit den gleichen Worten zu kämpfen.
Eigene Fehler einzugestehen und sich zu entschuldigen.
Manchmal aus Salz, Zucker zu machen, aber nie umgekehrt.
Einen Umweg in Kauf zu nehmen.
Gemeinsam zu kochen.
Genau sagen zu können, wo man den anderen in einer fremden Stadt findet.
Auch wortlosschweigend nebeneinander zu sitzen.
Höhen und Tiefen zu erleben.
Dass zwei verschiedene Hände, einen einzigen Stift führen, leere Zeilen füllend.
Eine gemeinsame Geschichte zu schreiben.
Wenn das alles Freundschaft bedeutet, dann wünsche ich mir, dass eine der
Hände meine eigene ist.
Und ich beginne zu schreiben:
Auch alleine zu wissen, dass einer sich sehnt.
Die Melodie einer Stimme …
Manolo Ramon // 21. Januar 2012
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Die Daltons, Kayla-Fabienne und ein Fruchtshakelächeln.
manolo ramon, 12:48h
Vielleicht sollte ich mir mal ein Bahnticket kaufen, das für mehr als eine Stunde gilt?
Dann könnte ich von irgendeinem Alpenkaff bis hoch ans Meer fahren. Und beim Rattern der Räder auf den Schienen, die Zeilen in meinem kleinen, schwarzen Buch füllen. In einer Linkskurve macht der Fineliner auch prompt einen leichten Linksruck, während ich festhalte, dass vier Männer tatkräftig zupacken, um einen Mann im Rollstuhl über die Lücke zwischen Zug und Bahnsteig zu heben. Ein Mann im Anzug und Laptoptasche, ein Wanderer mit Teleskopstöcken, ein Rentner und ein Student (erkennbar am Kapuzenshirt seiner Uni und dem Aufkleber an seinem Rucksack. Der macht deutlich, dass er nicht alle Bahnhöfe mag).
Der Rollstuhlfahrer verschwindet in der Menschenmasse.
Die Sonne scheint durch Zugefenster und lässt die Seiten vor mir in den Augen stechen, wie ein Sandstrand in der Karibik.
Also schnell den Platz auf der gegenüberliegenden Seite besetzt. Endlich Schatten! Dann machen die Schienen plötzlich einen Knick, denen der Zug folgt.
Zack! – Die Sonne grinst mir wieder volles Mett ins Gesicht und lässt das Papier leuchten.
Das ist fast so schlimm, wie Schweißen ohne Schutzbrille.
Mit dem Zugführer im Rücken beobachte ich die anderen Mitreisenden.
Da hüpft ein kleines Mädchen auf einem der Sitze rum und lacht. Neben ihr sitzt ein Kopf mit Pferdeschwanz, der langsam seine Blonde Farbe verliert. Weiter vorne im Gang steht ein Junge, kaum Flaum über den Lippen. Ed Hardy – Shirt. Lässig eine Kippe hinterm gepircten Ohr.
Er schiebt rhythmisch einen Buggy vor und zurück. Der Typ guckt zu dem Kleinen Trampolinmädchen. Dann steckt er sich wieder einen der Ohrstöpsel ins Ohr, nachdem er irgendwas aus einem seiner Nasenlöcher geprokelt hat.
Genau eine Sitzreihe vor mir sitzt ein großer Mann mit einer wirren Frisur und abgetragener Outdoorweste.
Ein Zwitterwesen auf dem Kopf, aus Einsteins- und Struwwelpters-Haaren.
Dann steigen sie in den Zug ein: Die Daltons. Besser gesagt, deren nicht kriminelle Schwestern. Vorneweg läuft eine stattliche Frau. Alter: 60 plus x. Hochtoupierte Haare. Ein in die Jahre gekommenes Dunkelblond. Sehr elegant gibt sie sich und trägt knallrotem Lippenstift auf den spitzen Lippen. Gekleidet in einen beigen Mantel mit Fellbesatz.
Drei Frauen folgen ihr, von der Größe her abgestuft.
Die gibt bestimmt den Ton an, überlege ich mir. Sie schaut sich mit einem ins Gesicht gemeißelten Lächeln um, das über allen anderen schwebt. Adlerinnenaugen und ein berechnender Blick.
Den vier Grazien fehlen nur noch die Hüte, dann würden sie beim Royal Ascot nicht groß auffallen.
Hier im Zug tun sie es. Eher gewollt, als nicht gewollt.
Kayla-Fabienne hat mittlerweile die Hüpferei eingestellt und ist hinter der Lehne verschwunden.
„Dürften wir Sie höflicherweise bitten, dass…!“, die Dunkelbonde Frau hat ihren Satz noch nicht beendet, da ist Einstein-Struwwelpeter schon von seinem Sitz aufgespritzt, devot-freundlich. Und wechselt schnell, in Fahrtrichtung, nach links. Er verstaut Jacke, Rucksack und Jutebeutel an ihrem neuen Platz.
Die vier Damen setzen sich. Schwestern im Geiste. Ich kann mir fast vorstellen, dass die Schickeria im Garten sitzt, bei einem Picknick, nur ohne Decken und Essen. Eine Szene, wie von Jane Austen.
Da wird aus Mister Darcy ein Facharzt, der in einer großen Deutschen Stadt seine Privatpraxis hat. „Privatpraxis“, äfft eine Begleiterin die Erzählerin nach.
Oft wiederholte Erwiderungen der anderen drei werden sein: „Ach, da schau an!“, „Soso!“, „Nein, das glaube ich nicht!“ und als rhetorische Krönung: „ Da gehe ich völlig d'accord mit dir!“
Eine dikcliche Frau guckt immer wie ein trauriger Mops. Es wird von der Ex-Schwiegertochter gesprochen, der man geholfen hat, ein Brautkleid zu kaufen. Natürlich in New York: „Du glaubst es nicht! – Todschick und süüüündhaft teuer!“ – „Nein, das glaube ich nicht!“ …
„Und reizende Dessous habe ich mit ihr gekauft, also ganz wie eine Mutter!“ – „Ach, da schau an!“
Ich stelle mir im Stillen die Frage: Welche Frau geht mit ihrer Mutter reizende Dessous kaufen!?
Der traurige Mops erinnert sich an lange vergangene Zeiten. Ein verträumtes Lächeln huscht über ihr Gesicht.
Die Zugfahrt dauert fast eine Stunde und ich lausche diesem Hörspiel. Vorgetragen von einer alten Matrone.
Höre von Golfurlauben und Fahrten nach Madeira. Und ich wusste gar nicht, wie man in manchen Kreisen die überflüssigen Pfunde los wird. Bei Luxuskreuzfahrten das „süüündhaft leckere Mittagessen“, weglassen! Kein Hummer und kein feinster Fisch.
"Alles so appetitlich!“ – „Ach, da schau an!“
"Aber abends gabs ja auch schon wieder so köstliche Dinge..."
Der Mops öffnete den Mund, für eine Erwiderung.
So langsam legte sich Hirnfrost in meine Windungen im Kopf. Ein Schauer durchfuhr mich: Nicht vorstellbar, wenn ich selbst mal so eine Frau als Schwiegermutter bekäme.
Mit dem Bild im Kopf verdunkelt sich fast die Sonne.
Da würden selbst Stephen King die Worte fehlen, um das treffend beschreiben zu können.
Jeder der das live erleben konnte, der musste sofort dem Wahnsinn verfallen. Und grässlich schabende Ohrgeräusche würden den Armen bis zum Tod hin begleiten, und Blut würde aus ihnen laufen. Jeden Tag ein wenig mehr.
Endlich angekommen!
Am Zielbahnhof kaufe ich mir einen Fruchtshake, zubereitet von einer grazilen Schönheit. Sie hat rehbraune Augen und fummelt an ihrem Ohrring rum, während der Mixer lärmt.
Dann schnell zum Dienst.
Als ich später wieder zum Zug will, merke ich, dass ich kein Kleingeld mehr habe, und der blöde Automat alle meine Scheine wieder ausspucken wird. Schöne Scheiße! Jetzt wird’s sportlich, weil der Zug in Knapp acht Minuten abfährt. Ganz egal ob ich auf einem Sitz sitze oder nicht.
Da fällt mir der Fruchtshakestand wieder ein.
„Du warst heute Nachmittag auch hier, aber da hast du was anderes getrunken…“. Ich krame in meinem Geldbeutel herum und kann der Frau im engen grünen Top wenig Beachtung schenken.
„Sie…“, ergänzt sie, als ich sie wieder ansehe. „Du ist auch ok!“, sage ich. Ihre Hand berührt meine länger, während sie mir umständlich mein Wechselgeld reicht.
Sie hat eine erfrischende Art und passt auf meinen Fruchtshake auf, damit ich mir schnell ein Zugticket kaufen kann.
Mit einem süßen Fruchtshakelächeln verabschiedet sie mich, und ich renne auf den Bahnsteig.
Dann fährt der Zug los. Mit mir auf einem der Sitze.
Manolo Ramon // 14. April 2012
Dann könnte ich von irgendeinem Alpenkaff bis hoch ans Meer fahren. Und beim Rattern der Räder auf den Schienen, die Zeilen in meinem kleinen, schwarzen Buch füllen. In einer Linkskurve macht der Fineliner auch prompt einen leichten Linksruck, während ich festhalte, dass vier Männer tatkräftig zupacken, um einen Mann im Rollstuhl über die Lücke zwischen Zug und Bahnsteig zu heben. Ein Mann im Anzug und Laptoptasche, ein Wanderer mit Teleskopstöcken, ein Rentner und ein Student (erkennbar am Kapuzenshirt seiner Uni und dem Aufkleber an seinem Rucksack. Der macht deutlich, dass er nicht alle Bahnhöfe mag).
Der Rollstuhlfahrer verschwindet in der Menschenmasse.
Die Sonne scheint durch Zugefenster und lässt die Seiten vor mir in den Augen stechen, wie ein Sandstrand in der Karibik.
Also schnell den Platz auf der gegenüberliegenden Seite besetzt. Endlich Schatten! Dann machen die Schienen plötzlich einen Knick, denen der Zug folgt.
Zack! – Die Sonne grinst mir wieder volles Mett ins Gesicht und lässt das Papier leuchten.
Das ist fast so schlimm, wie Schweißen ohne Schutzbrille.
Mit dem Zugführer im Rücken beobachte ich die anderen Mitreisenden.
Da hüpft ein kleines Mädchen auf einem der Sitze rum und lacht. Neben ihr sitzt ein Kopf mit Pferdeschwanz, der langsam seine Blonde Farbe verliert. Weiter vorne im Gang steht ein Junge, kaum Flaum über den Lippen. Ed Hardy – Shirt. Lässig eine Kippe hinterm gepircten Ohr.
Er schiebt rhythmisch einen Buggy vor und zurück. Der Typ guckt zu dem Kleinen Trampolinmädchen. Dann steckt er sich wieder einen der Ohrstöpsel ins Ohr, nachdem er irgendwas aus einem seiner Nasenlöcher geprokelt hat.
Genau eine Sitzreihe vor mir sitzt ein großer Mann mit einer wirren Frisur und abgetragener Outdoorweste.
Ein Zwitterwesen auf dem Kopf, aus Einsteins- und Struwwelpters-Haaren.
Dann steigen sie in den Zug ein: Die Daltons. Besser gesagt, deren nicht kriminelle Schwestern. Vorneweg läuft eine stattliche Frau. Alter: 60 plus x. Hochtoupierte Haare. Ein in die Jahre gekommenes Dunkelblond. Sehr elegant gibt sie sich und trägt knallrotem Lippenstift auf den spitzen Lippen. Gekleidet in einen beigen Mantel mit Fellbesatz.
Drei Frauen folgen ihr, von der Größe her abgestuft.
Die gibt bestimmt den Ton an, überlege ich mir. Sie schaut sich mit einem ins Gesicht gemeißelten Lächeln um, das über allen anderen schwebt. Adlerinnenaugen und ein berechnender Blick.
Den vier Grazien fehlen nur noch die Hüte, dann würden sie beim Royal Ascot nicht groß auffallen.
Hier im Zug tun sie es. Eher gewollt, als nicht gewollt.
Kayla-Fabienne hat mittlerweile die Hüpferei eingestellt und ist hinter der Lehne verschwunden.
„Dürften wir Sie höflicherweise bitten, dass…!“, die Dunkelbonde Frau hat ihren Satz noch nicht beendet, da ist Einstein-Struwwelpeter schon von seinem Sitz aufgespritzt, devot-freundlich. Und wechselt schnell, in Fahrtrichtung, nach links. Er verstaut Jacke, Rucksack und Jutebeutel an ihrem neuen Platz.
Die vier Damen setzen sich. Schwestern im Geiste. Ich kann mir fast vorstellen, dass die Schickeria im Garten sitzt, bei einem Picknick, nur ohne Decken und Essen. Eine Szene, wie von Jane Austen.
Da wird aus Mister Darcy ein Facharzt, der in einer großen Deutschen Stadt seine Privatpraxis hat. „Privatpraxis“, äfft eine Begleiterin die Erzählerin nach.
Oft wiederholte Erwiderungen der anderen drei werden sein: „Ach, da schau an!“, „Soso!“, „Nein, das glaube ich nicht!“ und als rhetorische Krönung: „ Da gehe ich völlig d'accord mit dir!“
Eine dikcliche Frau guckt immer wie ein trauriger Mops. Es wird von der Ex-Schwiegertochter gesprochen, der man geholfen hat, ein Brautkleid zu kaufen. Natürlich in New York: „Du glaubst es nicht! – Todschick und süüüündhaft teuer!“ – „Nein, das glaube ich nicht!“ …
„Und reizende Dessous habe ich mit ihr gekauft, also ganz wie eine Mutter!“ – „Ach, da schau an!“
Ich stelle mir im Stillen die Frage: Welche Frau geht mit ihrer Mutter reizende Dessous kaufen!?
Der traurige Mops erinnert sich an lange vergangene Zeiten. Ein verträumtes Lächeln huscht über ihr Gesicht.
Die Zugfahrt dauert fast eine Stunde und ich lausche diesem Hörspiel. Vorgetragen von einer alten Matrone.
Höre von Golfurlauben und Fahrten nach Madeira. Und ich wusste gar nicht, wie man in manchen Kreisen die überflüssigen Pfunde los wird. Bei Luxuskreuzfahrten das „süüündhaft leckere Mittagessen“, weglassen! Kein Hummer und kein feinster Fisch.
"Alles so appetitlich!“ – „Ach, da schau an!“
"Aber abends gabs ja auch schon wieder so köstliche Dinge..."
Der Mops öffnete den Mund, für eine Erwiderung.
So langsam legte sich Hirnfrost in meine Windungen im Kopf. Ein Schauer durchfuhr mich: Nicht vorstellbar, wenn ich selbst mal so eine Frau als Schwiegermutter bekäme.
Mit dem Bild im Kopf verdunkelt sich fast die Sonne.
Da würden selbst Stephen King die Worte fehlen, um das treffend beschreiben zu können.
Jeder der das live erleben konnte, der musste sofort dem Wahnsinn verfallen. Und grässlich schabende Ohrgeräusche würden den Armen bis zum Tod hin begleiten, und Blut würde aus ihnen laufen. Jeden Tag ein wenig mehr.
Endlich angekommen!
Am Zielbahnhof kaufe ich mir einen Fruchtshake, zubereitet von einer grazilen Schönheit. Sie hat rehbraune Augen und fummelt an ihrem Ohrring rum, während der Mixer lärmt.
Dann schnell zum Dienst.
Als ich später wieder zum Zug will, merke ich, dass ich kein Kleingeld mehr habe, und der blöde Automat alle meine Scheine wieder ausspucken wird. Schöne Scheiße! Jetzt wird’s sportlich, weil der Zug in Knapp acht Minuten abfährt. Ganz egal ob ich auf einem Sitz sitze oder nicht.
Da fällt mir der Fruchtshakestand wieder ein.
„Du warst heute Nachmittag auch hier, aber da hast du was anderes getrunken…“. Ich krame in meinem Geldbeutel herum und kann der Frau im engen grünen Top wenig Beachtung schenken.
„Sie…“, ergänzt sie, als ich sie wieder ansehe. „Du ist auch ok!“, sage ich. Ihre Hand berührt meine länger, während sie mir umständlich mein Wechselgeld reicht.
Sie hat eine erfrischende Art und passt auf meinen Fruchtshake auf, damit ich mir schnell ein Zugticket kaufen kann.
Mit einem süßen Fruchtshakelächeln verabschiedet sie mich, und ich renne auf den Bahnsteig.
Dann fährt der Zug los. Mit mir auf einem der Sitze.
Manolo Ramon // 14. April 2012
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Ungesagt vorbeigegangen
manolo ramon, 12:14h
Ich habs dir nicht gesagt,
du hast mich nie gefragt.
Es war ein schöner Traum,
wir zwei in diesem Raum.
Ich drehte mich nicht um,
fragte nicht: Warum?
Wir standen dicht auf dicht:
Bemerkt er mich nicht?
Unsere geteilte Zeit, wo Glück
An Glück sich reiht.
Worte auf Kopfpapier,
aber nicht hier.
Ließ sich Zeit zurückdrehen,
würd ich nochmal mit dir irgendwo stehen.
Ich habs dir nicht gesagt,
du hast mich nie gefragt.
Ich würde es dir sagen,
auch ohne große Fragen.
Dieses gute Gefühl von Liebe für dich:
Meinst du mich?
Und ich drehte mich um,
ohne ein „Warum?“
Dann gäbe es Raum,
für unseren Traum.
Ungesagt wärs nicht vorbeigegangen,
wir hätten uns in mehr als Blicken verfangen.
Manolo Ramon // 4. März 2012
du hast mich nie gefragt.
Es war ein schöner Traum,
wir zwei in diesem Raum.
Ich drehte mich nicht um,
fragte nicht: Warum?
Wir standen dicht auf dicht:
Bemerkt er mich nicht?
Unsere geteilte Zeit, wo Glück
An Glück sich reiht.
Worte auf Kopfpapier,
aber nicht hier.
Ließ sich Zeit zurückdrehen,
würd ich nochmal mit dir irgendwo stehen.
Ich habs dir nicht gesagt,
du hast mich nie gefragt.
Ich würde es dir sagen,
auch ohne große Fragen.
Dieses gute Gefühl von Liebe für dich:
Meinst du mich?
Und ich drehte mich um,
ohne ein „Warum?“
Dann gäbe es Raum,
für unseren Traum.
Ungesagt wärs nicht vorbeigegangen,
wir hätten uns in mehr als Blicken verfangen.
Manolo Ramon // 4. März 2012
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Man sieht sich immer Zweimal im Leben
manolo ramon, 12:10h
Das Auto ist hin, also hat die Bahn einen Fahrgast mehr. Nach Landau steigt ein Pulk junger Bundespolizisten in den Zug ein. Angeführt von einem gemütlichen Alten mit Halbglatze. Seine jüngeren Kollegen tragen alle schusssichere Westen und schwer beladene Koppel um die Hüften. Alle kauen Kaugummi, bis auf den Altgedienten.
Zwei Jungs sind unter ihnen und auch eine Frau die aussieht, als könnte sie auch eben so gut Jura studieren.
Schon als ich sie alle auf dem Bahnsteig stehend sehe, denke ich mir, dass die eine gemeinsame Ausbildungsfahrt machen. Gegenüber von mir nimmt ein junger Mann Platz.
Könnte vielleicht ein Türke sein? Ich lese in der Frankfurter Rundschau, während ich aus dem hinteren Teil des Wagens schon Wortfetzten höre „Ausweis“, „Kontrolle“… Vernehmbar atmend kommt der dickliche Uniformierte an unseren Vierer. Er mustert kurz die Zeitung, dann mich und nickt freundlich. Dann spricht er den Mann schräg gegenüber an: „Kann ich mal den Ausweis sehen!?“ – Der Mann gibt ihn ihm.
Sieht nicht wie unser Perso aus. „Wie ist denn ihr Titel?“, aha da geht’s wohl um den Aufenthalt. Dann das Procedere. Ein paar Schritte im Gang weitergehen, mit dem Ausweis in der Hand. „Ja, ich bin´s. Mach mal ne Personenfahndung: Siegfried, Emil, Richard, Cäsar… Ah, ok. Negativ?“ Der Mann bekommt seinen Ausweis wieder. Die Jura-Frau rückt nach und sieht mich an: „Guten Morgen. Die Bundespolizei…“, dann sieht sie in Richtung ihres Chefs, der schüttelt unmerklich seinen Kopf. Die Combo zieht weiter. „Immer ficken die uns Ausländer!“, sagt der Mann erbost zu mir, dann fragt er: „Was hast du denn für einen Pass?“ Ich reiche ihm meinen Perso. „Der ist aber auch im Februar abgelaufen, mein Freund!“, er gibt ihn mir lachend wieder. - Oh, verdammt! Ein paar Reihen weiter beschwert sich ein Typ mit Dreads in tiefstem Hinterpfälzisch über die Polizeikontrolle.
Nach dem Dienst nimmt mich eine freundliche Sozialpädagogin mit, nachdem sie mich beobachtet hat, wie ich meinen Zielort am Automaten eingeben wollte. „Ich kann ab sieben Uhr immer noch fünf Leute kostenlos mitnehmen!“. Warum ein solch nettes Angebot ausschlagen? Im Zug sitzt im Vierer nebenan ein Paar und küsst sich die ganze Zeit, neben sich ein Sixpack Bier auf dem Sitz. Er mit viel Gel in den Haaren, sie mit einem schönen bunten Schal über der Outdoorjacke.
Ich gucke einen Moment zu lange rüber, gerade lange genug, um festzustellen: Die kennst du doch! Heute Morgen lief sie noch in dunkel- und hellblau durch den Zug. Sie lacht kurz. Die Jura-Frau mit ihrem Freund. Die Sozialpädagogin erzählt mir von Reisen nach Indien und der Ungleichbehandlung der Frauen dort. Dann stellen wir fest, dass wir beide in Ecuador waren, in der gleichen Stadt: Guayaquil. Später laufe ich ihr nochmal in der Bank über den Weg.
Manolo Ramon // 13. April 2012
Zwei Jungs sind unter ihnen und auch eine Frau die aussieht, als könnte sie auch eben so gut Jura studieren.
Schon als ich sie alle auf dem Bahnsteig stehend sehe, denke ich mir, dass die eine gemeinsame Ausbildungsfahrt machen. Gegenüber von mir nimmt ein junger Mann Platz.
Könnte vielleicht ein Türke sein? Ich lese in der Frankfurter Rundschau, während ich aus dem hinteren Teil des Wagens schon Wortfetzten höre „Ausweis“, „Kontrolle“… Vernehmbar atmend kommt der dickliche Uniformierte an unseren Vierer. Er mustert kurz die Zeitung, dann mich und nickt freundlich. Dann spricht er den Mann schräg gegenüber an: „Kann ich mal den Ausweis sehen!?“ – Der Mann gibt ihn ihm.
Sieht nicht wie unser Perso aus. „Wie ist denn ihr Titel?“, aha da geht’s wohl um den Aufenthalt. Dann das Procedere. Ein paar Schritte im Gang weitergehen, mit dem Ausweis in der Hand. „Ja, ich bin´s. Mach mal ne Personenfahndung: Siegfried, Emil, Richard, Cäsar… Ah, ok. Negativ?“ Der Mann bekommt seinen Ausweis wieder. Die Jura-Frau rückt nach und sieht mich an: „Guten Morgen. Die Bundespolizei…“, dann sieht sie in Richtung ihres Chefs, der schüttelt unmerklich seinen Kopf. Die Combo zieht weiter. „Immer ficken die uns Ausländer!“, sagt der Mann erbost zu mir, dann fragt er: „Was hast du denn für einen Pass?“ Ich reiche ihm meinen Perso. „Der ist aber auch im Februar abgelaufen, mein Freund!“, er gibt ihn mir lachend wieder. - Oh, verdammt! Ein paar Reihen weiter beschwert sich ein Typ mit Dreads in tiefstem Hinterpfälzisch über die Polizeikontrolle.
Nach dem Dienst nimmt mich eine freundliche Sozialpädagogin mit, nachdem sie mich beobachtet hat, wie ich meinen Zielort am Automaten eingeben wollte. „Ich kann ab sieben Uhr immer noch fünf Leute kostenlos mitnehmen!“. Warum ein solch nettes Angebot ausschlagen? Im Zug sitzt im Vierer nebenan ein Paar und küsst sich die ganze Zeit, neben sich ein Sixpack Bier auf dem Sitz. Er mit viel Gel in den Haaren, sie mit einem schönen bunten Schal über der Outdoorjacke.
Ich gucke einen Moment zu lange rüber, gerade lange genug, um festzustellen: Die kennst du doch! Heute Morgen lief sie noch in dunkel- und hellblau durch den Zug. Sie lacht kurz. Die Jura-Frau mit ihrem Freund. Die Sozialpädagogin erzählt mir von Reisen nach Indien und der Ungleichbehandlung der Frauen dort. Dann stellen wir fest, dass wir beide in Ecuador waren, in der gleichen Stadt: Guayaquil. Später laufe ich ihr nochmal in der Bank über den Weg.
Manolo Ramon // 13. April 2012
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